Zyklusbalance in der Ayurveda
Januar 02, 2022

Zyklusbalance in der Ayurveda

So erkennst du eine Disbalance in deinem Zyklus – Störungen einordnen und balancieren

 

In der Ayurveda gehen wir davon aus, dass jeder Mensch in sich vollkommen ist. Vollkommenheit ist unser natürlicher Urzustand und spricht von Balance und Gesundheit. Dies bedeutet gleichzeitig, dass alles, was jenseits der Vollkommenheit liegt, nicht „natürlich“ ist.

Das klingt erstmal hart, birgt aber ein unglaubliches Potential in sich. Je mehr wir verstehen, dass Disbalancen nicht „natürlich“ sind, um so eher schauen wir hin, hören und lauschen in unseren Körper hinein, was er uns zu sagen hat.

„The menstrual cycle is the barometer of our wellbeing.“

Alexandra Pope

Denn jede Art von „Beschwerde“ ist ein Zeichen des Körpers, dass etwas gerade nicht okay ist. Je länger wir dies ignorieren, um so mehr laufen wir Gefahr, ernsthaft krank zu werden.

Wie die Gebärmutter uns schützt

Ein äußerst feines „Messinstrument“ bezüglich der Beschaffenheit unserer Gesundheit, ist die Gebärmutter. Die Gebärmutter ist Wächterin. Sie wacht über unser Stresslevel, unsere Ernährung, unsere Selbstliebe und vieles mehr. Und wenn sie meint, wir achten nicht genug auf uns, zeigt sie das ziemlich direkt und meist auf unliebsame Weise.

Denn die Gesundheit einer Frau spiegelt sich in ihrem Zyklus.

Daher ist es besonders wichtig, Störungen im Zyklus ernst zu nehmen und sie ganzheitlich zu betrachten und zu behandeln.

Da viele Frauen mit Zyklusstörungen erst nach längerer Beschwerdezeit Hilfe suchen und dann meist in gynäkologischen Praxen wenig Unterstützung finden, sind diese beiden Faktoren ganz besonders wichtig bei menstrualen Beschwerden: eigenverantwortliches Handeln und Geduld.

Klar ist es belastend, eine sehr starke Blutung zu haben, vor der Blutung auszuflippen oder sich vor Schmerzen nicht bewegen zu können. Doch was sagen die verschiedenen Probleme aus? Wo sind körperliche und auch seelische Disbalancen entstanden, die zu diesen Symptomen führen? Welche Rolle spielen hierbei Schuld und Scham?

Dies sind die ersten wichtigen Fragen, die zu einer nachhaltigen Heilung führen können.

Was ist ein gesunder Zyklus?

Es gibt eine große Anzahl verschiedener menstrualer Beschwerden. Um diese zu erkennen, müssen wir erst einmal wissen, was überhaupt als „normaler Zyklus“ gilt.

Ganz grob gesagt, gehen wir davon aus, dass ein Zyklus zwischen 26 und 30 Tagen dauern, die Blutung zwischen 3 und 5 Tagen liegen und dabei möglichst schmerzfrei sein sollte. Das Blut sollte rot sein und flüssig, nicht in Sturzbächen und auch nicht tröpfchenweise oder klumpig. Der Eisprung sollte um den 14. Tag passieren, in Begleitung von Ausfluss – bis zu drei Tage.

„Eine gesunde Menstruation ist hellrot, wie Schellack und lässt sich leicht aus Stoff herauswaschen.“

Sushruta Samhita

Auch wenn wir in alten Ayurveda Schriften immer wieder nachlesen können, dass die Blutung einer Frau zu Neumond eintreten sollte, ist dies in unserer Gesellschaft mit so vielen äußeren Stressoren und Umwelteinflüssen selten möglich. Daher kannst du dich erstmal nach den Angaben von oben richten.

Wie erkenne ich denn Disbalancen?

Eine Störung zeigt sich unter anderem in

  • einer Regelblutung in wesentlich kürzeren oder längeren Abständen, als oben beschrieben
  • der Beschaffenheit vom Blut: klumpig, braun, minimal fliessend, unangenehm stark fliessend oder riechend
  • Unregelmäßigkeiten: Zwischenblutungen, ausbleibender oder sehr häufiger Blutung, unregelmäßiger Blutung
  • fehlendem Ausfluss zur Eisprungzeit, schmerzhaftem Eisprung
  • schmerzhafter Blutung
  • intensivem PMS, Migräne, Stimmungsschwankungen, Cravings etc.
  • weiter: Zystenbildung, Myome, Endometriose, PCOS

„Blutung „zu häufig, zu schnell“ ist ein typisches Fortschrittssymptom, dass sich hier in den urweiblichen Bereich einschleicht. Diese Art von (zu schnellem) äußeren Fortschritt/ Ungeduld führt zu vielfältigen Problemen, die, wenn sie nicht durchschaut werden, bis in den Körper durchschlagen. Betreffen können sie typisch weibliche Themen wie den Lebensrhythmus und die Fruchtbarkeit, also das Zyklusgeschehen.“

Rüdiger Dahlke

Die Ursachen von Zyklusstörungen sind unglaublich vielschichtig. Ein ganzheitlicher Blick ist darum besonders wichtig.

Weiter sollten vor allem mögliche oder bestehende Schilddrüsenprobleme, chronische Migräne und ganz besonders seelische Faktoren immer mit einbezogen werden:

Zyklusstörungen, wie starke Unterleibsschmerzen, ausbleibende Menstruation und Endometriose können Ursprung oder Folge von mangelndem Wohlgefühl, Ängsten, depressiven Verstimmungen und Erschöpfung sein.

Wind und Feuer, die zentralen Elemente für regelmäßige und schmerzfreie Blutung

Bei einer Ursachenforschung in der Ayurveda Beratung schauen wir auf die Elemente Wind und Feuer (auch Vata und Pitta), die meist für Störungen im Zyklus verantwortlich sind.

Schulmedizinisch gesehen, ist das ausgewogene Wechselspiel von Hormonen, wie unter anderem Progestesteron und Östrogen essentiell für eine beschwerdefreie Blutung.

Ich möchte euch hier dennoch ein paar Beispiele aus ayurvedischer Sicht nennen, wie ihr ein Überschuss oder Mangel an Wind und Feuer im Bezug auf eure Menstruation erkennen könnt.

→ Zuviel Wind zeigt sich in Unterleibsschmerzen, Rückenschmerzen und weniger, bzw. ausbleibender Menstruation.

→ Viel Wind und wenig Feuer können Ursache sein für wenig bis zu keiner Blutung.

→ Zuviel Feuer zeigt sich in aggressivem PMS, in sehr starker Blutung und Hautproblemen.

→ Ein Überschuß an Kapha oder Erde/ Wasser zeigt sich unter anderem auch in Endometriose, klumpiger Blutung und in schmerzenden, geschwollenen Brüsten.

Was kannst du für dich tun?

„Woman’s Medicine teaches women to honour and love themselves and their being in life, and how to reclaim the magic of the feminine.“

Jamie Sams

Wie immer in der Ayurveda, ist die Ernährung eines der wichtigesten Tools, um Balance zu fördern. Dies können wir auch bei hormonellen Störungen für uns nutzen.

  • Da Wind in der Ayurveda als kalt und trocknend gilt, können wir hier mit wärmenden und befeuchtendem Essen – sprich Vata-senkendem Essen – eine Menge für uns tun. Flüssige, gekochte, warme Speisen mit wärmenden Gewürzen sind jetzt genau richtig. Sorge spätestens ab dem Eisprung für erdende Nahrung.
  • Feuer gilt – klar – als heiß. Hier gilt es, auf stark erhitzende und saure Lebensmittel, wie Zucker, Essig, Chili, Kaffe, Soja etc. zu verzichten. Spätestens ab dem Eisprung solltest du diese Tips berücksichtigen.
  • Die Blutungszeit ist Zeit der körperlichen und seelischen Reinigung. Unser Körper ist jetzt widerstands- und kraftloser und braucht Ruhe und Langsamkeit, um gestärkt in den neuen Zyklus gehen zu können. Wer jetzt übermäßig pusht, bekommt irgendwann menstruelle Probleme. In der Zeit der Erneuerung möchte dein Körper besonders geachtet werden. Leichte Detox-Gerichte und Selbstlieberituale unterstützen ihn jetzt besonders.

Kühlen oder erwärmen? Unterstützende Frauenheilkräuter für deine Disbalance

Nur mit Geduld und Innenschau können wir herausfinden, was uns fehlt, welche körperlichen und seelischen Ursachen möglicherweise verantwortlich sind und welche Schritte wir gehen können, um uns selbst zu helfen und uns helfen zu lassen. Zusätzlich können wir in der europäischen und Ayurveda Pflanzenheilkunde großartige Unterstützung finden.

Wenn du auf der Suche nach schmerzlindernden Kräutern bist, können dir möglicherweise diese Klassiker weiterhelfen:

  • Asafoetida
  • Kalonji
  • Muskat
  • Zimt
  • Ingwer
  • Poleiminze
  • Beifuß

Bei starker Regel werden meistens diese Kräuter empfohlen. Sie gelten als Blutstillend und kühlend:

  • Ashoka
  • Kamille
  • Hibiskus
  • Himbeere
  • Rosenblüten
  • Schafgarbe

Als menstruationsfördernd, zum Teil auch Aufgrund des Phytoöstrogengehalts gelten:

  • Kürbiskerne
  • Leinsaat
  • Rotklee
  • Hopfen
  • Granatapfel
  • Cranberries
  • Beifuß
  • Möchspfeffer
  • Shatavari
  • Angelika

With healing ourselves, we heal others

Wenn wir beachten, dass inszwischen die Hälfte aller fruchtbaren Frauen in Deutschland an Zyklusstörungen leiden, sollte uns dies zu denken geben.

Wie gehen wir wirklich mit uns um? In welcher Weise erlauben wir anderen, über uns zu verfügen und in welcher Weise unterdrücken wir – Emanzipation hin oder her – weiterhin unser wahres Selbst? Wie stehen wir zu uns und zu anderen Frauen?

Indem wir unsere Menstruationsprobleme als berechtigte Probleme wahrnehmen und liebevoll für uns sorgen, öffnet sich der Raum für Akzeptanz, Gesundheit, Balance und Heilung. Nicht nur für uns selbst, sondern auch für andere Frauen.

Menstrual blood ist the only blood that is not traumatically induced. Yet in modern culture, this is the most hidden blood (…) almost never seen, except privately by women, flushing or hiding the evidence away. Blood is everywhere. Menstrual blood, like water, just flows.

P. Grahn

Es ist an der Zeit, die kollektive Scham rund um die Menstruation und ihre Beschwerden aufzulösen, an das Wissen um zyklisches Leben auf klare und kraftvolle Weise erneut anzuknüpfen und uns selbst zu erlauben, in unserer Kraft voll und ganz gesund zu sein.

„Hey friends, the cycle is wise and you are being prepared for something. This lack of interest ushers in a superpower – the power to let go and give in.“ Alexandra Pope

Much Love,

Julia